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Titel:

AGCT for Human 7

Künstlerin:
Eun Sun Cho

Schwarz-weißes Bartypapier mit schwarzem Stift auf unbearbeiteten Zwischenprodukten von Farbnegativen auf weißem, filmbeschichteten Birkensperrholz​

70 x 85 cm​

2020

website: 
https://www.eunsuncho.com/

Audioguide Eun Sun Cho
00:00 / 02:51

 

Die Künstlerin über sich

Eun Sun Cho ist eine südkoreanische Künstlerin aus Berlin. Sie hat Architektur an der University of Seoul, Südkorea, Fotografie an der Neuen Schule für Fotografie Berlin und Mathematik an der Technischen Universität Berlin studiert und arbeitet heute als Künstlerin in den Bereichen Fotografie, Zeichnung, Installation und Skulptur. In ihren Werken kommen fotographische Medien zur Anwendung, die ihr eine Auseinandersetzung mit physikalischen und technischen Problemen wie Messungen, Algorithmen, Analog/Digital-Differenz, Repräsentationsmöglichkeiten, der Prozessualität des Bildes sowie eine Suche nach einer je nach Arbeit angemessenen Formsprache aufgibt. In Verbindung dazu untersucht sie die Schnittmenge von Biologie, chemisch-physikalischen Phänomenen und mathematischen Problemen und fotografischer Realität. Jedes Werk zielt auf eigene Weise darauf ab, verborgene Formen von Interkommunikationen sichtbar zu machen. Ziel von Eun Sun Cho ist es, mit ihrer Kunst unvorhergesehene Konvergenzpunkte und damit Phänomene auszumachen, die unsere technologische Gesellschaft jenseits der bloßen Sichtbarkeit in sich trägt.

Die Künstlerin über das Werk

AGCT for human ist eine Assemblage von Körpern. Die Werkreihe erforscht durch die Verwendung verschiedener Objekte und Materialien ebenso Materialität und Objektivität wie auch fotografische Virtualität und damit zuletzt die Repräsentationsfähigkeit der Fotografie. In diesem Suchen finden sich Hinweise auf die Verhältnisse von Biologie und fotografischer Mechanik, von lebendigem und virtuellem Körper. Die Reihe zeigt, dass realer und virtueller Körper nicht nur über ihre visuelle Repräsentation zu erfassen, sondern ebenso auch über algebraische Strukturen miteinander verbunden sind und darüber eine andere Form der Darstellbarkeit zu schöpfen ist. Aus dem unmittelbaren Erfassen von Körpern wird etwa eine mittelbare fotografische Rekonstruktion der Wirklichkeit.

 

Die in AGCT for human verwendeten Schwarzweißfotoabzüge stammen aus ihren Sammlungen verschiedener Porträts sowie von Körperbildern. Sie sind jeweils in kleine Stücke zerlegt und in ihrer Neuzusammensetzung nur als mittelbare Hinweise auf die Identität der fotografierten Personen beziehungsweise des Bildgegenstandes zu begreifen. Vielmehr geben die neu arrangierten Fotosegmente dem menschlichen Auge und Verstand Rätsel auf, die als Bildeinheit und als Einheit von Bildern diametral aufeinander bezogen sind.

 

Die verwendeten Analogfilme von Agfa/Orwo, die farbigen Bestandteile des Bildes, verleihen der Serie durch ihre eigene Medialität und Materialität im Zusammenspiel mit den fotografierten Körpern eine besondere eigene Präsenz, Haptik und Plastizität. Diese ästhetische Einschreibung des Herstellungsprozesses in die Erscheinung des finalen Werks findet sich ebenso wieder in den verwendeten Filmen. Pro Werk der Serie sind jeweils vier Filme zur Anwendung gekommen, was der Titel AGCT aufgreift. Dessen Ursprung findet sich begründet im verschiedenen Zustandekommen der Farben im Werk beziehungsweise auf der Netzhaut: Die analoge Farbfotografie bringt ein Bild aus einer Kombination der Spektralbereiche Gelb, Magenta und Cyan hervor, wohingegen in der Biologie die Permutationsgruppen der Nukleobasen Adenin[A], Guanin[G], Cytosin[C], Thymin[T], AGCT, vereinfacht gesprochen, die genetischen Anweisungen für Farben tragen.

 

 

LOT1 über das Werk

 

Chos Werk erinnert an ein Mosaik. Ein Mosaik aus glatt geschliffenen Fliesen. Tatsächlich nutzt Cho hier aber weitaus ausgefallenere Materialien: Jedes einzelne Teil besteht aus Zwischenprodukten, die bei der Herstellung von Farbfilmen entstanden sind.

Diese wohl einzigartigen Produkten erhielt Eun Sun Cho vom Industrie- und Filmmuseum Wolfen, das sie in Bitterfeld besuchte. Durch diese Schenkung wurde sie erst zum Werk inspiriert und mischte die bunten Zwischenprodukte mit eigenen schwarz-weiß Porträts von Freunden, Bekannten und gänzlich Fremden, die sie auf ihren vielen Reisen durch Europa, Jordanien, Israel, Russland und durch weitere Länder fotografierte.

Der AGCT-Reihe vorgeschaltet ist eine Codierung: AGCT, GCAT, TCGA und so weiter. Alle möglichen Kombinationen hat Cho auf Papier gebracht. Dabei gilt: A = Adenin, G = Guanin, C = Cytosin und T = Thymin. Die Begriffe stammen aus der Biologie, was wiederum den Hang der Künstlerin zu den Naturwissenschaften unterstreicht, der sich in ihren Fotografien, Installationen und Zeichnungen immer wieder zeigt.

Die angesprochene Codierung hat Cho dann in jedem einzelnen Werk der Reihe AGCT for Human ganz individuell umgesetzt. Im vorliegenden Werk ist das „T“ beispielsweise immer den türkisenen Flächen zugeordnet. In einer anderen Nummer der Serie ist das „T“ auf die Farbe Pink codiert.

 

Zu den bunten „Steinchen“ gesellen sich verstreut immer wieder kleine Schnipsel der besagten schwarz-weiß Porträts. Die Künstlerin hat hier ausschließlich die Teile der Porträts gewählt, die nur Haut zeigen. So sieht die Betrachterin mal eine kleine aber vollständige Nase, mal nur eine undefinierbare Fläche, die Bein, Arm oder Bauch sein könnte.

Das Werk besticht visuell durch seine Farben, durch den Glanz, die Details und die filigrane Kleinteiligkeit. Inhaltlich ist AGCT for Human eine ausgefeilte, komplexe Werkserie, die sowohl biologische als auch mathematische Aspekte nutzt.

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